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24.10.2025

GZO-Finanzierung: Darum zahlt der Kanton nichts

Der Regierungsrat entschied im 2024, dem GZO kein Geld zur Rettung zu zahlen. Grund: Das GZO sei nicht unverzichtbar. (Archivbild)
Der Regierungsrat entschied im 2024, dem GZO kein Geld zur Rettung zu zahlen. Grund: Das GZO sei nicht unverzichtbar. (Archivbild) Bild: Kanton Zürich
Dass der Regierungsrat eine finanzielle Hilfe zur Rettung des GZO-Spitals abgelehnt hat, stösst bei einem Teil der Bevölkerung und Politikern auf Unverständnis. Ein Blick auf das geltende Spitalgesetz.

Im März 2024 entschied der Zürcher Regierungsrat, das Gesuch der GZO AG über 180 Millionen Franken abzuweisen (wir berichteten). Das sorgt damals wie heute bei einem Teil der Bevölkerung auf Unverständnis. Einige befürchten – neben dem Verlust von Arbeitsplätzen – dass die Gesundheitsversorgung im Zürcher Oberland mit dem Wegfall des Spitals nicht mehr gewährleistet wäre.

Der Zürcher Regierungsrat beurteilt das GZO-Spital hingegen als «nicht unverzichtbar» bzw. als nicht systemrelevant. Analysen der Fallzahlen im Jahr 2024 hatten ergeben, dass zwar kurzfristig mit längeren Wartezeiten zu rechnen sei, die Versorgung der Bevölkerung im Zürcher Oberland aber nicht gefährdet und mit den umliegenden Spitälern gesichert sei. Der Entscheid basierte auch auf dem seit 2012 geltenden Spitalplanungs- und -Finanzierungsgesetz (SPFG).

So war es früher

Bis Ende 2011 erfolgte die Spitalfinanzierung objektbezogen. Das heisst: Die Kantone bezahlten den – in der Regel öffentlichen oder öffentlich subventionierten – Spitälern einen Sockelbeitrag von mindestens 50 Prozent der Betriebskosten. Den Rest, den sogenannten Grundbeitrag, finanzierten die Krankenkassen über die Grundversicherung. Ob einem Spital der kantonale Sockelbeitrag ausgerichtet wurde, war von der Spitalplanung des jeweiligen Kantons abhängig.

Im Kanton Zürich mit seiner A- und B-Liste erhielten die Spitäler auf der A-Liste den Sockel- und den Grundbeitrag. Die (privaten) Spitäler auf der B-Liste erhielten nur den Grundbeitrag. Der Sockelbeitrag wurde bei diesen Spitälern durch die Zusatzversicherung gedeckt.

SPFG-Gesetz seit 2012

Seit 2012 werden die auf der kantonalen Spitalliste geführten Spitäler im Sinne einer sogenannten Subjektfinanzierung abgegolten: Finanziert wird nicht mehr das Spital als Institution, sondern dessen tatsächliche Leistungen an Patienten. Der Kanton beteiligt sich mit mindestens 55 Prozent an den Kosten dieser Leistungen, der Rest entfällt auf die Versicherer. Die Entschädigung der Listenspitäler für stationäre Leistungen nach dem Krankenversicherungsgesetz (KVG) richtet sich nach den Tarifverträgen oder den Tariffestsetzungen.

Das Spitalplanungs- und Finanzierungsgesetz (SPFG) sieht mehrere Situationen vor, in denen der Kanton Listenspitäler finanziell unterstützen kann, wenn diese nicht selbst über die nötigen finanziellen Mittel für bestimmte Leistungen oder für die Finanzierung der Infrastruktur, die für die Spitalversorgung notwendig ist, verfügen.

So kann der Regierungsrat den Listenspitälern Darlehen bis zu 100 Prozent der Mittel gewähren, die für die Erstellung oder Beschaffung von für die Spitalversorgung notwendigen Anlagen erforderlich sind. Anstatt Darlehen zu gewähren, kann der Regierungsrat auch durch die Gewährung von Sicherheiten die Aufnahme von Fremdkapital bei privaten Geldgebern erleichtern. Die Gewährung entsprechender Sicherheiten kann von einer Gegenleistung abhängig gemacht werden.

Kein Rechtsanspruch auf Geld

Bei den Darlehen handelt es sich nicht um objektbezogene Staatsbeiträge im herkömmlichen Sinn. Vielmehr sind die Darlehen zu sichern, risikobezogen zu verzinsen und innert angemessener Frist zu amortisieren. Darlehen bzw. Sicherheiten sind zweckgebunden. Gewährt werden können sie nur für die Beschaffung oder Erstellung von für die Spitalversorgung notwendigen Anlagen, nicht jedoch beispielsweise ganz abstrakt bzw. allgemein für die Aufrechterhaltung der Betriebsführung des Spitals. Auf die Gewährung von Darlehen bzw. Sicherheiten besteht kein Rechtsanspruch.

Thema Versorgungsnotstand

Das SPFG regelt auch die Handhabe im Falle eines Versorgungsnotstandes. Der Kanton muss im Falle eines (drohenden) Versorgungsnotstands geeignete Massnahmen ergreifen und damit die notwendige Spitalversorgung sicherstellen.

Der Kanton ergreift Massnahmen, wenn der Weiterbestand eines zur Versorgung der Zürcher Bevölkerung unverzichtbaren Listenspitals mit Betriebsstandort im Kanton Zürich bedroht ist. Mögliche Massnahmen sind Darlehen oder Subventionen für den Betriebserhalt notwendigen Mittel. Auch eine Beteiligung an der Trägerschaft privater Spitäler, betriebsnotwendige Infrastrukturen oder Betriebsgesellschaften sind möglich. Die Massnahmen können mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden, die Gemeinden können bei von ihnen betriebenen Listenspitälern gleichartige Massnahmen ergreifen.

Regierungsrat entscheidet

Welche Massnahmen zur Abwendung eines Versorgungsnotstands geeignet, notwendig und angemessen sind, entscheidet der Regierungsrat. Aus dem SPFG ergibt sich nicht, wann ein Versorgungsnotstand im Sinne des Gesetzes anzunehmen ist bzw. wann ein Listenspital als unverzichtbar gilt. Ein Spital, das mit Leistungsaufträgen auf der Spitalliste des Kantons geführt ist, hat also nicht automatisch Anspruch auf Hilfe.

Der Regierungsrat schreibt in seinem Beschluss vom März 2024 dazu: «Aus dem Umstand, dass ein Spital mit Leistungsaufträgen auf der Spitalliste des Kantons geführt ist, lässt sich nicht ohne Weiteres ableiten, dass ein Wegfall dieses Leistungserbringers im konkreten Fall tatsächlich zu einem Notstand in der Spitalversorgung des Kantons Zürich führen würde.»

Die Einschätzung, ob ein Spital insgesamt als unverzichtbar für die Versorgung der Zürcher Bevölkerung gilt, hänge im Einzelfall von zahlreichen Faktoren ab und könne sich im Laufe der Zeit, z. B. durch Veränderungen in der Versorgungslandschaft, Änderungen bei Nachfrage oder Bedarf oder infolge veränderter weiterer Begleitumstände, wandeln. Auch könne sie im Einzelfall in Bezug auf gleichartige Leistungserbringer unterschiedlich ausfallen. «So kann ein Spital in einer Leistungsgruppe versorgungsrelevant sein, während es in einer anderen Leistungsgruppe einen nur marginalen Anteil der Leistungen für die Zürcher Bevölkerung erbringt», so der Regierungsrat.

Kein Notstand, wenn es andere Spitäler gibt

Zu prüfen sei stets auch, ob andere Spitäler durch einen Kapazitätsausbau in der Lage wären, die erwarteten Leistungsmengen des bedrohten Listenspitals abzudecken, ob für die Patienten also eine angemessene und (gut) erreichbare Alternative bzw. Ausweichmöglichkeit für die fraglichen Leistungen zur Verfügung stehe.

Von wesentlicher Bedeutung ist gemäss Regierungsrat zudem der zeitliche Horizont: Kann der kurzfristige Wegfall eines Leistungserbringers in gewissen Leistungsbereichen für die Versorgung der Bevölkerung kritisch sein, ist es durchaus möglich, dass diese Leistungen mittel- oder langfristig ohne Weiteres von anderen Spitälern erbracht werden können. Während bei bestimmten Leistungen längere Wartezeiten für die Patientinnen und Patienten grundsätzlich in Kauf genommen werden können, ist in anderen Fällen der Zugang zu sofortiger medizinischer Versorgung zwingend.

Ein Listenspital hat nicht automatisch Anspruch

Das SPFG bietet dem Kanton somit die Rechtsgrundlage, um im Einzelfall mit geeigneten Massnahmen die Spitalversorgung der Zürcher Bevölkerung sicherzustellen, wenn ein Versorgungsnotstand droht oder bereits besteht. «Ein in seinem Weiterbestand bedrohtes Listenspital kann aber keinen Rechtsanspruch auf das Ergreifen von Massnahmen durch den Kanton, beispielsweise die Gewährung eines Darlehens oder einer Bürgschaft, ableiten.» Ein Spitallistenplatz gehe insbesondere nicht mit einer «Staatsgarantie» einher, die zu einer Finanzierungspflicht des Kantons bei finanziellen Schwierigkeiten der Listenspitäler führen würde.

Teils zu geringe Fallzahlen

Die GZO AG wird mit Leistungsaufträgen für zahlreiche Leistungsgruppen in verschiedenen Leistungsbereichen auf der Zürcher Spitalliste 2023 Akutsomatik für die stationäre Versorgung geführt, die am 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist. Das Spital Wetzikon erreichte 2022 in mehreren dieser Leistungsgruppen Fallzahlen, die einen relevanten Anteil des Bedarfs der Zürcher Wohnbevölkerung an entsprechenden medizinischen Leistungen ausmachen.

In vielen dieser Leistungsgruppen seien die absoluten Fallzahlen relativ gering und bewegen sich zwischen 10 und 100 Fällen pro Jahr, in sieben Leistungsgruppen habe das Spital Wetzikon weniger als 250 Fälle. Lediglich in den Leistungsgruppen der Urologie und der Gynäkologie seien die Fallzahlen grösser als 250 pro Jahr. In absoluten Fallzahlen sei die Geburtshilfe mit knapp 900 Geburten und das sogenannte Basispaket mit rund 5000 Fällen pro Jahr von wesentlicher Bedeutung.

Nach Einschätzung des Regierungsrats wären in den meisten Leistungsgruppen die derzeit durch das Spital Wetzikon erbrachten Fälle bei dessen Ausfall bereits kurzfristig, in jedem Fall aber mittel- und langfristig gut von anderen Spitälern zu kompensieren. Bei einigen Leistungen wäre kurzfristig mit einer längeren Wartezeit und gegebenenfalls mit einer weiteren Anreise zu rechnen, sollten diese Leistungen nicht mehr am Standort Wetzikon angeboten werden können.

Mit Blick auf die vorliegenden Fallzahlen wären vor allem Einschränkungen in den Bereichen der Geburtshilfe und der Basis-(Notfall-)Versorgung (Basispaket) zu erwarten. «Die Fälle der Geburtshilfe sind in der Regel nicht dringlich und könnten ohne Weiteres über das Kantonsgebiet verteilt werden, da die meisten Geburtshilfe anbietenden Spitäler über weitere Kapazitäten verfügen», so der Regierungsrat.

«Nach Analysen ist insgesamt davon auszugehen, dass über 98 Prozent aller Einwohner des Kantons Zürich auch bei einem allfälligen Wegfall des Spitals Wetzikon weiterhin innerhalb von 25 Minuten Fahrzeit ein Spital mit Notfallstation erreichen könnten.»
Zürcher Regierungsrat

Maximal 30 Minuten längere Anfahrt

Im Bereich der Basis-(Notfall-)Versorgung wäre gemäss Regierungsrat wohl «in den ersten Wochen bis wenigen Monaten mit einer vorübergehenden Verschlechterung der Versorgung zu rechnen». Insbesondere wären hier verlängerte Wartezeiten in den Notfallstationen zu erwarten. Zudem könnte es zu Verschiebungen von elektiven Eingriffen kommen, da der Anteil an Notfallpatienten in anderen Spitälern relativ zunehmen könnte.

«Ausserdem wäre für Patienten aus Teilen des heutigen Einzugsgebiets des Spitals Wetzikon mit höchstens um 15 Minuten verlängerten Wegzeiten, längstens jedoch 30 Minuten Gesamtfahrzeit ins nächstgelegene Spital mit Notfallversorgung zu rechnen, sollte das Spital Wetzikon nicht
mehr an der Notfallversorgung teilnehmen können.»

Nach Analysen im Rahmen der Spitalplanung 2023 sei jedoch insgesamt davon auszugehen, dass über 98 Prozent aller Einwohner des Kantons Zürich auch bei einem allfälligen Wegfall des Spitals Wetzikon weiterhin innerhalb von 25 Minuten Fahrzeit ein Spital mit Notfallstation erreichen könnten.

«Ein längerfristig entscheidender Einfluss auf die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung oder gar ein Versorgungsnotstand innerhalb des Kantons ist bei einem Wegfall des Spitals Wetzikon nicht zu befürchten.»
Zürcher Regierungsrat

GZO «nicht unverzichtbar»

Aus versorgungsplanerischer Sicht sei zwar gesamthaft mit einer geringen Verschlechterung der heute sehr guten Basisversorgung im Kanton Zürich zu rechnen. Ein längerfristig entscheidender Einfluss auf die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung oder gar ein Versorgungsnotstand innerhalb des Kantons sei jedoch bei einem Wegfall eines Spitals dieser Grössenordnung und Versorgungskategorie nicht zu befürchten.

«Das Spital Wetzikon ist damit nicht als 'unverzichtbar' einzustufen. Auch sind weder der Neubau der GZO AG, zu dessen Finanzierung eine Obligationenanleihe aufgenommen wurde, noch die bestehenden Spitalgebäude des Spitals Wetzikon, deren Renovation geplant ist, für die Spitalversorgung der Bevölkerung des Kantons Zürich notwendig», begründet der Regierungsrat seinen Entscheid weiter.

Bau nicht relevant für Leistungsaufträge

Ebenso wenig sei das im Bau befindliche neue Gebäude des Spitals Wetzikon zwingend notwendig, damit das Spital seine Leistungsaufträge gemäss
Zürcher Spitalliste 2023 Akutsomatik erfüllen könne.

«Mit der allfälligen Einstellung des Betriebs durch das Spital Wetzikon ist kein Spitalversorgungsnotstand im Kanton Zürich zu erwarten.» Auch wenn es möglicherweise in einzelnen Leistungsbereichen für die Patienten zu wenige Minuten längeren Weg- und kurzfristig auch zu längeren Wartezeiten kommen könnte, sollten die übrigen Spitäler mit entsprechenden Leistungsaufträgen die zusätzlichen Fälle mittel- und langfristig ohne Weiteres kompensieren können.

Im Übrigen sei nicht ausgeschlossen, dass sich das Angebot auch anderweitig an die Nachfrage anpassen würde, indem neue Versorger einzelne Teile neu anbieten könnten.

Barbara Tudor