Home Region Sport Magazin Schweiz/Ausland Agenda
Kanton
15.08.2025

Pflegende Angehörige: Kanton schafft klare Regeln

Pflegende Angehörige übernehmen eine zentrale Rolle in der Betreuung zu Hause – oft mit grossem Einsatz und wenig Unterstützung.
Pflegende Angehörige übernehmen eine zentrale Rolle in der Betreuung zu Hause – oft mit grossem Einsatz und wenig Unterstützung. Bild: Gesundheitsdirektion Kanton Zürich
Die Pflege durch Angehörige hat sich als ergänzendes Versorgungsmodell bewährt – bringt aber neue Herausforderungen an Qualität, Finanzierung und Transparenz mit sich. Die Gesundheitsdirektion schafft deshalb klare Rahmenbedingungen für den Einsatz von pflegenden Angehörigen.

Mit Urteil vom 18. April 2019 hat das Bundesgericht entschieden, dass von Angehörigen erbrachte Grundpflege-Leistungen, etwa Körperpflege oder Stützstrümpfe anziehen, in einem bestimmten Rahmen zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) abgerechnet werden können. Dies hat unter anderem zu einem Anstieg der verrechneten Spitex-Stunden im Kanton Zürich geführt. Auswertungen des Amts für Gesundheit sowie Zahlen der Gesundheitskonferenz Kanton Zürich (GeKoZH) zeigen dies.

Pflegequalität soll sichergestellt werden

Der Einsatz von pflegenden Angehörigen durch Spitex-Organisationen als auch deren Finanzierung ist bereits heute reguliert und wird durch die Behörden beaufsichtigt. Trotzdem besteht Handlungsbedarf: Fehlanreize bei der Finanzierung dieser Pflegeleistungen müssen angegangen werden. Zudem soll die Pflegequalität auch in der Angehörigenpflege sichergestellt werden.

Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli betont: «Pflegende Angehörige entlasten das System und ermöglichen vielen Menschen, so lange wie möglich zu Hause gepflegt zu werden. Dieses Versorgungsmodell ergänzt die professionelle Pflege sinnvoll – es darf aber nicht zur Bereicherung einzelner Organisationen führen. Klare Regeln sorgen für eine faire Finanzierung und eine weiterhin gute Qualität in der Angehörigenpflege.»

Die neuen Rahmenbedingungen hat das Amt für Gesundheit im Auftrag der Gesundheitsdirektion in enger Abstimmung mit den Gemeinden und den Spitex-Verbänden erarbeitet.

Klare Vorgaben für Ausbildung und Begleitung

Wie die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich mitteilt, unterliegen Spitex-Organisationen, die pflegende Angehörige anstellen, bereits heute den gleichen Mindestanforderungen wie Organisationen, die ausschliesslich ausgebildetes Pflegepersonal beschäftigen. Damit eine gute Begleitung der Angehörigen gewährleistet ist, ergänzt das Amt für Gesundheit das entsprechende Merkblatt für Betriebsbewilligungen. Darin werden die Vorgaben für Spitex-Organisationen präzisiert, die pflegende Angehörige anstellen. Es geht insbesondere darum, die Qualität der Angehörigenpflege sicherzustellen.

Pflegende Angehörige müssen spätestens ein Jahr nach Stellenantritt einen Kurs in Pflegehilfe oder eine gleichwertige Ausbildung absolvieren. Jede Spitex-Organisation muss über eigenes diplomiertes Pflegefachpersonal verfügen. Dieses muss die pflegenden Angehörigen regelmässig begleiten – mindestens alle zwei Wochen telefonisch und einmal pro Monat persönlich vor Ort. Um eine sorgfältige Betreuung sicherzustellen, wird die Anzahl der pflegenden Angehörigen, die von einer Pflegefachperson betreut werden, begrenzt.

Neue Regelung zur Restkostenfinanzierung

Pflegende Angehörige erhalten für eine Stunde üblicherweise zwischen 30 und 40 Franken als Lohn ausbezahlt. Die Spitex-Organisation, welche die Angehörigen anstellt, wird für ihren Aufwand ebenfalls entschädigt.

Die Gesamtkosten werden von mehreren Stellen getragen: Die OKP übernimmt 52.60 Franken pro Stunde für die Grundpflege. Die verbleibenden ungedeckten Kosten übernehmen die Zürcher Gemeinden, abzüglich der Patientenbeteiligung. Gibt es keine Leistungsvereinbarung mit der Spitex-Organisation, zahlt die Wohngemeinde diese Restkosten maximal bis zum sogenannten Normdefizit von 30.30 Franken pro Stunde (Stand 2025), das jährlich vom Kanton festgelegt wird.

Bisher galt dieses Normdefizit unabhängig davon, ob die Pflege durch reguläres Personal oder durch angestellte Angehörige erbracht wurde. Weil bei Angehörigenpflege jedoch oft tiefere Kosten entstehen, etwa durch geringeren administrativen Aufwand oder wegfallende Wegzeiten, führt der Kanton Zürich ab 2026 ein separates Normdefizit für diese Leistungen ein: 15.75 Franken pro Stunde, abzüglich Patientenbeteiligung. Damit erhalten die Gemeinden eine realistischere und kosteneffizientere Grundlage für die Restkostenfinanzierung, während die Leistungen der Spitex-Organisationen weiterhin angemessen vergütet werden.

Mehr Transparenz bei der Abrechnung

Ab 2026 gibt das Amt für Gesundheit vor, dass Spitex-Organisationen bei der Rechnungsstellung gegenüber den Gemeinden separat ausweisen müssen, wie viele Pflegestunden durch Angehörige erbracht wurden. Das schafft mehr Transparenz und erleichtert die Rechnungskontrolle.

Gleichzeitig hat die Gesundheitsdirektion beim Branchenverband der Krankenversicherer prio.swiss sowie bei der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) angeregt, dass die Abrechnungsvorgaben der Kantone und der Krankenversicherungen national harmonisiert werden.

Zürioberland24/gg