Home Region Sport Magazin Schweiz/Ausland Agenda
Region
04.02.2025

«Die energiepolitischen Ziele sollten grundlegend überdacht werden»

Rolf Müri im Interview zur Mindestabstand-Initiative vom 9. Februar 2025.
Rolf Müri im Interview zur Mindestabstand-Initiative vom 9. Februar 2025. Bild: Freie Landschaft Zürich / zvg
Am 9. Februar stimmt Wetzikon über die Initiative «1000 Meter Mindestabstand zu Windkraftanlagen» der SVP Wetzikon ab. Im Interview erklärt Parteipräsident Rolf Müri die drei Hauptgründe, warum Windkraft ihrer Ansicht nach nicht die Lösung fürs Zürcher Oberland ist und was er von den Plänen des Grüne-Regierungsrats hält.

Die SVP Wetzikon hat die Initiative «Ja zu Mindestabstand» lanciert. Sie fordert einen Abstand von mind. 1'000 Metern von Windkraftanlagen zu Wohngebieten bzw. zu einem besiedelten Haus. Ist die SVP Wetzikon per se gegen Windkraft?

Rolf Müri: Überhaupt nicht! Es ist sehr stossend, dass die Gegner mit dem unwahren Slogan «Nein zum Technologieverbot» werben.

Windkraft am richtigen Ort kann durchaus Sinn machen. Dafür müssen aber der Ertrag, der Wirkungsgrad und die Eingriffe in die Natur sorgfältig abgewogen werden. Dies scheint bei den Projekten des Kantons Zürich leider nicht der Fall zu sein.

Ein grüner Baudirektor ignoriert die Demokratie und will auf Teufel komm raus seine politische Ideologie im Alleingang durchsetzen, wohlverstanden ohne Abstimmung mit dem Gesamtregierungsrat. Das ist höchst bedenklich.

«Die Gewinne aus den hochsubventionierten Anlagen sacken einige wenige Strombarone ein.»
Rolf Müri, Präsident SVP Wetzikon

Welche drei Hauptgründe sprechen gegen Windkraftanlagen in Wetzikon resp. im Zürcher Oberland?

Der Wirkungsgrad ist in unserer windschwachen Region, anders als etwa an der Nordsee, viel zu tief. Windkraftanlagen-Projekte lohnen sich damit nur, wenn sie massiv subventioniert werden. Das wiederum lässt die Energiepreise noch mehr ansteigen.

Die negativen Auswirkungen (Schattenwurf, Lärm, Infraschall) der gigantischen, über 200 Meter hohen Windmonster treffen die ganze Bevölkerung. Die Gewinne aus den hochsubventionierten Anlagen hingegen sacken einige wenige Strombarone ein.

Im Siedlungsgebiet wird heute jeder einzelne Baum geschützt, und mit teils unsinnigen Umweltvorschriften wird die Wirtschaftstätigkeit behindert. Hingegen sollen die unverhältnismässigen, irreparablen Eingriffe durch Windkraftanlagen in den Wald und in die Natur im Allgemeinen kein Problem sein. Das geht nicht auf.

Welche Massnahmen zur Energiegewinnung sind deiner Meinung nach zielführender oder nachhaltiger?

Die energiepolitischen Ziele sollten grundlegend überdacht werden. Es ist naiv, unter den gegebenen Umständen (Bevölkerungszuwachs, Elektrifizierung, Digitalisierung etc.) unseren Energieverbrauch auf die Zeiten der 20er Jahre reduzieren zu wollen. Wir belügen uns selbst, wenn wir an «Netto Null» im Jahr 2040 oder 2050 festhalten.

Wasserkraft-Zubau, alternative Quellen und Speicher wie auch Kernkraftwerke der neuesten Generation – alle Energieformen sollten im Sinne einer Auslegeordnung ergebnisoffen und ohne vorgefasste Meinungen geprüft werden.

Diverse andere Gemeinden haben ähnliche Initiativen gestartet, alle kämpfen einzeln, so auch die SVP Wetzikon. Warum arbeiten die Parteien, z. B. auf Bezirksebene, nicht gemeinde- oder parteiübergreifend zusammen? Hätte man damit nicht mehr Kraft?

Das hat sich so ergeben. Die Gemeinden sind unterschiedlich stark von Windkraftanlagen betroffen, weshalb es wenig verwunderlich ist, dass jede ihre eigene Suppe kocht. Der Föderalismus trägt wohl auch zu dieser Situation bei.

Immerhin entwickelten sich auch auf kantonaler Ebene und auf Bundesebene einige politische Aktivitäten. Es ist nicht unbedingt notwendig, dass die verschiedenen lokalen Initiativen miteinander vernetzt werden. Es geht vielmehr darum, dass der Kanton Zürich diese Aktivitäten endlich wahrnimmt, ernst nimmt und adäquat darauf reagiert. Es gäbe diese nämlich nicht, wenn sie nicht einem grossen Bedürfnis der Bevölkerung entsprechen würden.

«Unsere Anliegen stossen auf grosse Unterstützung bei der Bevölkerung, unabhängig von ihrer parteipolitischen Orientierung.»
Rolf Müri

Gibt es andere Parteien in Wetzikon, die eure Initiative unterstützen?

Die SVP Wetzikon hat diese Initiative selbständig lanciert und keine anderen Parteien um aktive Unterstützung angefragt. Das ist nicht von Bedeutung und ändert nichts am Anliegen der Initiative. Die Mindestabstand-Initiative sollte zudem nicht parteipolitisch wahrgenommen werden. Der Abstimmungskampf hat gezeigt, dass das Anliegen auf grosse Unterstützung bei der Bevölkerung stösst, unabhängig von ihrer parteipolitischen Orientierung.

«Wir lassen uns nicht von pseudo-grünen Ideologen und Schreibtischtätern einschüchtern.»
Rolf Müri

In Hittnau haben die Stimmberechtigten entschieden, einen Mindestabstand von 800 Metern zu Windkraftanlagen in die Gemeindeordnung zu schreiben. Die Baudirektion verweigert dies nun aber mit der Begründung, die Gemeinden seien dazu nicht legitimiert. Was sagst du dazu?

Ein Klassiker. Damit hat die Baudirektion ja schon frühzeitig gedroht und von oben herab mitgeteilt, dass es sie gar nicht interessiere, was das Volk – also der Souverän als oberster Chef! – dazu sagt. Es kommt die Vermutung auf, dass einzelne Amtsträger vergessen haben, wer eigentlich das Sagen in unserem demokratischen System hat. Das ist höchst bedauerlich und sollte uns alle zum Nachdenken anregen.

Die Verantwortlichen in meiner früheren Wohngemeinde Hittnau haben kürzlich die Haltung Hittnaus klipp und klar erklärt. Das verdient Anerkennung. Letztlich werden leider Dritte, nämlich die Gerichte, diese Frage entscheiden müssen.

Nachdem die Baudirektion in Hittnau Nein gesagt hat: Macht dann die Initiative der SVP Wetzikon überhaupt noch Sinn?

Selbstverständlich. Wir lassen uns nicht von pseudo-grünen Ideologen und Schreibtischtätern einschüchtern. Jetzt erst recht!

«Der Entscheid am 9. Februar wird richtig sein, egal wie er ausfällt – das ist Demokratie.»
Rolf Müri

Wie hoch siehst du die Chancen, dass die Initiative am 9. Februar angenommen wird?

Ich habe keine Ahnung. Es gibt ja keine Umfragen dazu. Wir dürfen aber von uns behaupten, nichts ausgelassen zu haben und weder Kosten, Aufwand noch Engagement gescheut zu haben. Wir haben Vollgas gegeben. Jetzt entscheidet der Souverän. Und die Antwort kennen wir am 9. Februar. Dieser Entscheid wird richtig sein, egal wie er ausfällt – das ist Demokratie.

www.initiative-mindestabstand.ch

Barbara Tudor