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15.05.2024
15.05.2024 12:35 Uhr

Radweg Hinwil-Wetzikon: «Bestehende Route ist keine Alternative»

Die Info-Veranstaltung fand in der Garage in Wetzikon statt.
Die Info-Veranstaltung fand in der Garage in Wetzikon statt. Bild: Markus Arnitz
Das Pro-Komitee zum geplanten Fuss- und Radweg Hinwil-Wetzikon lud am 14. Mai 2024 in die Garage Wetzikon. Es argumentiert mit mehr Sicherheit und negiert die Argumente der Gegner.

Der geplante Fuss- und Radweg zwischen Hinwil und Wetzikon soll eine Lücke im kantonalen Velonetzplan schliessen. Dagegen formiert sich Widerstand. Die Petitionäre argumentieren mit Geldverschwendung und Vernichtung von Landwirtschaftsland (wir berichteten).

Martin Wunderli, GP Wetzikon, begrüsste die rund 30 Interessierten im Namen des Pro-Komitees. Ihm zur Seite standen Yvonne Ehrensberger von Pro Velo und Jonathan Assenberg von der SP Wetzikon. Ebenfalls zugegen waren die Nationalrätin Marionna Schlatter und Pascal Regli von Fussverkehr Schweiz.

«Strukturen für die Zukunft»

Den ersten Teil des Abends übernahm Yvonne Ehrensberger von Pro Velo. Ehrensberger wies darauf hin, dass die am Informationsabend vorgestellte Route des Fuss- und Veloweges ein Projekt auf kantonaler Ebene sei. Pro Velo begleite die Prozesse des Kantons und greife wo nötig ein.

Als erstes ging Ehrensberger auf den kantonalen Velonetzplan ein. Velorouten sind in verschiedene Kategorien eingeteilt, deren Grundlage sich danach richten, in welchen Gebieten die Bevölkerung lebt und arbeitet. Das heisse also nicht, dass man hinaus auf die Strasse gehe und zähle, wie viele Velos in einer Stunde vorbeikommen. Es gehe vielmehr darum, wie viele Velofahrende man künftig haben könnte, wie gross also die Nachfrage oder das Potenzial sei.

Die im Velogesetz vorgesehenen Routen müssten zügig befahrbar, direkt und «attraktiv» sein. Ein weiteres Attribut sei, dass drei Velos sich kreuzen können. Das bedeute eine Breite von 3,5 Metern. Die Veloroute zwischen Wetzikon und Hinwil sei vom Kanton als Hauptverbindung klassifiziert worden. Sie sei aktuell als Schwachstelle im kantonalen Netzplan eingetragen.

Ehrensberger gab im Weiteren einen Überblick über das Veloweggesetz (VWG), das auf den Bundesbeschluss Velo folgte, der 2018 mit 73.6 % vom Volk angenommen wurde.

Ehrensberger betonte, dass der Auslöser für das Projekt nicht der Veloweg gewesen sei, sondern die notwendige Sanierung der Strasse.

Die Kosten von 13 Mio. Franken würden zum Grossteil vom Kanton bezahlt. 4,7 Mio. würden für die Instandsetzung der Strasse verwendet, 2,2 Mio. für die Lichtsignalanlagen und 6 Mio. Franken für den Rad- und Gehweg. Auf Wetzikon kommen Kosten von 70'000 Franken und auf Hinwil 127'000 Franken gemäss Vorprojekt zu.

Land gehört zum Grossteil dem Kanton

Die Gegnerschaft kritisierte im Vorfeld, dass ein grosser Landanteil für das Projekt verbraucht werde. Ehrenberger erklärte, dass der grösste Teil bereits dem Kanton gehöre. Der Landerwerb bei Landbesitzern sei gering. Dies sei an dem Knotenpunkt, wo die Lichtsignalanlage entstehe. «Zu sagen, dass das alles wegen dem Veloweg ist, wäre gelogen», so Ehrenberger. Dies sei vielmehr wegen der Lichtsignalanlage und den Abbiegespuren. Es gehe um einen «überraschend geringen» Landerwerb.

Abschliessend zählte Ehrenberger die Vorteile auf: keine Querungen zwischen Wetzikon und Hinwil, eine gesicherte Lichtsignalanlage für Anschlüsse und Steuerung, eine Verkehrsberuhigung vor Ettenhausen, eine direkte und abgetrennte Fussverbindung und der Lückenschluss des Radweges. Der Aufwand für das Projekt sei relativ gering. Als weiteres Argument führte Ehrenberger den Winterdienst ins Feld, für den der Kanton zuständig sei.

V.l.n.r.: Yvonne Ehrensberger (Pro Velo), Jonathan Assenberg (SP Wetzikon), Martin Wunderli (GP Wetzikon). Bild: Markus Arnitz

Zweifelhafter Nutzen

Die Gegner des Projekts stellen den Nutzen in Frage. Ein Anwesender sagte, er verstehe nicht, weshalb man «so einen Seich» baue. Die Route sei mitnichten attraktiv, der Naturschutzverein sei auch dagegen. Ein anderer Petitionär meinte, die Route über die Bächelackerstrasse biete bereits eine gute und ruhige Verbindung. Kritik gab es auch zur Bezeichnung Lückenschliessung. Es gäbe keine Lücke und es sei unlauter, die Gegner des Projekts «niederzumachen».

Fussgänger «nicht in Massen»

Pascal Regli von Fussverkehr Schweiz informierte über den Fussverkehr auf der Route. Er verwies auf die Grundlagen des Fussverkehrs Schweiz und die in den 1970er- und 1980er-Jahren erfolgten Abstimmungen und Bundesgesetze zum Thema Fuss- und Wanderwege.

Die zuvor genannten Kriterien für die Velowege – zügig, direkt und attraktiv nutzbar – würden auch im Fussverkehr gelten. Ausserortsstrecken seien für den Fussverkehr zwar nicht all zu prioritär. Es würden nie Fussgänger «in Massen» unterwegs sein. Aber es gebe immer wieder Situationen, wo Fussgänger sehr dankbar seien, wenn ihnen solche Verbindungen zur Verfügung gestellt würden. Fussgänger seien «umwegsensibel». Wer zu Fuss 100 Meter zusätzlich gehen müsse, brauche eine Minute oder mehr Zeit. Darum sei eine solche Fussverkehrverbindung wie die zwischen Wetzikon und Hinwil sehr wichtig. Die 3,5 Meter breiten Wege hätten sich im ganzen Kanton bewährt.

«Hätte Alfred Escher so herumgezickt mit solchen Projekten, dann hätten wir heute nicht das gute Eisenbahnnetz, das wir in der Schweiz zur Verfügung haben.»
Pascal Bassu, Stadtpräsident Wetzikon

«Mehrwert für Wetzikon»

Stadtpräsident Pascal Bassu äusserte sich ebenfalls zum Thema. Er sieht keine Alternative zum neuen Fuss- und Veloweg. Die Verbindung über die Bächelackerstrasse sei nachts weniger sicher und es gäbe weniger Winterdienst. Man wolle etwas für den innerstädtischen Verkehr tun. Gerade die Lichtsignalanlage an der Erlosenstrasse sei wichtig für den innerstädtischen Verkehr von Wetzikon. Man wolle dort den Widerstand erhöhen, dass der Verkehr von Hinwil nicht über die Erlosenstrasse fährt, sondern auf der Hinwilerstrasse bleibt. Auch aus diesem Aspekt sei es wichtig, dass das Projekt jetzt nicht boykottiert werde.

Zu den Kosten meinte er: «Mit dem Projekt bekommen wir viel Leistungen, zahlen aber als Wetzikerinnen und Wetziker praktisch nichts daran.» Natürlich bezahle man über die kantonalen Steuern auch etwas mehr. Aber wenn man die Lücke nun nicht schliessen wolle, müsse man trotzdem Kantonssteuern zahlen und finanziere damit einfach die Velowege von anderen Gemeinden. Wohl an die Adresse der Gegner sagte Bassu: «Hätte Alfred Escher so herumgezickt mit solchen Projekten, dann hätten wir heute nicht das gute Eisenbahnnetz, das wir in der Schweiz zur Verfügung haben.» Der bestehende Veloweg sei keine Alternative. Man müsse heute investieren in ein Velonetz von morgen.

Klare Worte an die Gegner

Als weiteren Programmpunkt ging Martin Wunderli auf die Petition und die Argumente der Gegnerschaft ein. Dazu fand er klare Worte. Die Petition sei bereits falsch bezeichnet worden, weil es nicht nur um einen Radweg gehe, sondern um einen Rad- und Fussweg, um die Sicherung von Übergängen und um die Verkehrslenkung.

Die Gegner argumentieren, das 10'000 m2 Land für das Projekt verschwendet würden. Fakt sei, dass es um 1,4 km Strecke gehe, für die bei der geplanten Breite des Fuss- und Velowegs 5'000 m2 Land genutzt würden, davon werde die Hälfte für die Velohauptroute gebraucht.

Dass gerade jene Parteien, welche den Rad- und Veloweg bekämpfen, für 5,3 Milliarden Franken den Autobahnausbau «durchgedrückt» hätten, jetzt mit dem Argument von Kosten und Landverschleiss kommen, habe sie vom Pro-Komitee am meisten geärgert. Denn für einen Kilometer einer 2-spurigen Autobahn würden 25'000 m2 Land gebraucht, dazu weitere 55'000 m2 für Böschungen, Lärmschutz und Anschlussbauwerke.

Auch dem Kritikpunkt der Petition, die geplante Route sei ein Eingriff in die Natur, begegnet Wunderli. Die für den neuen Teil des Fuss- und Radwegs benötigte Fläche von 5'000 m2 werde jetzt landwirtschaftlich genutzt, meistens Gras – mit einer hohen Belastung durch Emissionen. Im Bauprojekt sei geplant, die tangierten Fruchtfolgeflächen «qualitativ hochwertig» zu kompensieren. Alle Vorgaben des Umweltrechts und von Schutzverordnungen würden eingehalten.

«Ich persönlich freue mich mega auf den durchgehenden Veloweg, wenn ich mit meinen Kindern direkt von Hinwil nach Auslikon in die Badi fahren kann.»
Marionna Schlatter, Nationalrätin
Nationalrätin Marionna Schlatter äusserte sich zum geplanten Fuss- und Veloweg. Bild: Screenshot Video WetzikonTV

«Bestehender Veloweg keine Alternative»

Nationalrätin Marionna Schlatter, die in Hinwil wohnt, wies auf das Klimaschutzgesetz hin, zu welchem auch der Verkehr gehöre. In diesem Bereich sei bisher zu wenig geschehen. Ziel sei nicht, das Autofahren zu verteuern, sondern die aktive Mobilität zu fördern, so dass weniger Kilometer mit dem Auto und mehr mit dem Velo oder zu Fuss absolviert würden.

Die bestehende Veloroute sei keine Alternative und die Argumente der Gegner für sie nicht nachvollziehbar. Der bestehende Weg sei kein ebenbürtiger Ersatz. Wenn man heute eine Strasse saniere, solle man an alle Verkehrsteilnehmenden denken und nicht nur an den Autoverkehr.

Mehr Pro als Kontra

Verschiedene Fakten machten an dem Abend deutlich, dass der geplante Fuss- und Radweg Teil der behördlich festgelegten Strassensanierung ist. Der Abend zeigte auch, dass subjektive Ansichten und Partikularinteressen eine Stimme haben dürfen. Kanton und Gemeinden müssen aber die ihnen gesetzlich vorgeschrieben Infrastrukturmassnahmen umsetzen.

So geht's nach der Petition weiter

Yvonne Ehrensberger erläuterte, wie es nach der eingereichten Petition weitergehe. Letzten Sommer sei das Projekt im Rahmen eines Mitwirkungsverfahrens aufgelegt worden. Der Kanton bearbeite aktuell die dort eingegangenen Einwendungen. In der Regel würde es nach diesen Einwendungen im Bauprojekt aufliegen, wo man noch Einsprachen machen könnte. Dies werde nun aber nicht gerade passieren, sondern es gehe wegen der Petition vorgezogen an den Kantonsrat und werde dort behandelt. In der Zwischenzeit habe auch ein runder Tisch mit Kanton und den Gegnern stattgefunden.

Sollte der Kantonsrat aufgrund der Petition entscheiden, dass die Lückenschliessung nicht umgesetzt wird, werde das ganze Projekt abgeblasen. Am Projekt würden keine Modifikationen vorgenommen, so Ehrensberger. «Dann fangen wir wieder bei Null an.»

Die Info-Veranstaltung wurde aufgezeichnet und steht auf WetzikonTV in voller Länge zur Verfügung.

Themen-Dossier

Weitere Beiträge, die zum Thema Velo- und Radweg Wetzikon-Hinwil erschienen sind, findest du im Online-Dossier.

Marco Arnitz / Barbara Tudor