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Schweiz
10.03.2024

Bürgin und Vontobel: So geht es den Zürioberländer Nationalräten

Yvonne Bürgin aus Rüti ZH und Erich Vontobel aus Wolfhausen wurden im Oktober 2023 in den Nationalrat gewählt.
Yvonne Bürgin aus Rüti ZH und Erich Vontobel aus Wolfhausen wurden im Oktober 2023 in den Nationalrat gewählt. Bild: zvg
Am 22. Oktober 2023 fanden die Nationalratswahlen statt. Yvonne Bürgin (Die Mitte) und Erich Vontobel (EDU) wurden neu in den Nationalrat gewählt. Zürioberland24 hat sich bei den beiden erkundigt, wie der Start war und welche Ziele sie verfolgen.

Wie verliefen die ersten Tage nach der Wahl?

Yvonne Bürgin: Ich wurde überschwemmt mit Glückwunsch-Nachrichten und Blumensträussen. Da schwebt man zuerst einmal auf Wolken. Danach wurde ich jedoch schnell eingeholt von der Realität, denn ich hatte nur wenige Wochen Zeit, um mich neu zu organisieren und für diverse meiner Aufgaben und Tätigkeiten Nachfolgelösungen zu suchen. Es war also ziemlich hektisch und herausfordernd.

Erich Vontobel: Ich wurde von Glückwünschen richtiggehend überflutet. Allerdings auch von sehr vielen Absendern, die mich in den nächsten vier Jahren gerne in ihre bevorzugte Richtung steuern möchten. In diesem Ausmass hätte ich das nie erwartet.

Wie wurden Sie von den bestehenden Nationalräten aufgenommen?

Yvonne Bürgin: Sehr gut. Ich kannte ja bereits diverse Personen, seien es ehemalige Kantonsrätinnen und Räte aus Zürich oder bestehende Nationalräte aus der eigenen Fraktion. Alle waren sehr hilfsbereit.

Erich Vontobel: Das Miteinander unter bisherigen und auch neuen Nationalräten habe ich bisher als sehr freundschaftlich erlebt. Und zwar Parteien-übergreifend. Man hat zwar seine eigenen Positionen und vertritt diese konsequent. Aber die zwischenmenschliche Stimmung hat mich sehr beeindruckt. Ich strahle wie ein Maienkäfer, weil ich an einem Ort angekommen bin, wo es mir gefällt und wo ich bereits einige Leute kenne, die früher mal im Kantonsrat waren. Zudem sitze ich neben EDU-Nationalrat Andreas Gafner, der mir mit seiner Erfahrung eine grosse Starthilfe war.

«Man kann in einem Thema hart über eine Sache streiten und debattieren. Aber nach der Sitzung geht man zusammen etwas trinken. Wir sind einander alle freundlich gesinnt.»
Yvonne Bürgin, Nationalrätin Die Mitte
Nationalrätin Yvonne Bürgin aus Rüti ZH (Die Mitte) Bild: zvg

Wie ist die Stimmung im Nationalrat?

Yvonne Bürgin: Die Stimmung ist gut und das ist auch das Schöne am Schweizer Parteiensystem. Man kann in einem Thema hart über eine Sache streiten und debattieren. Aber nach der Sitzung geht man zusammen etwas trinken. Wir sind einander alle freundlich gesinnt.

Erich Vontobel: Ich bin beeindruckt über die Themenvielfalt und das Tempo, wie da gearbeitet wird. Alles andere als ein "Laueribetrieb". Und trotzdem wie bereits erwähnt: ein sehr hohes Mass an Menschlichkeit und gegenseitigem Respekt.

Bei welchen Themen oder Traktanden waren Sie als Nationalrat als erstes dabei?

Yvonne Bürgin: An der allerersten Sitzung fanden eigentlich nur Wahlen statt. Während der Session wurden viele diverse Themen behandelt. Die Wichtigsten für mich waren sicher der Voranschlag (Budget) für das Jahr 2024, weil ich Mitglied der Finanzkommission wurde. Dann interessierten mich besonders die Änderungen im Bundesgesetz über die Krankenversicherung betreffend einheitliche Finanzierung der Leistungen im ambulanten und stationären Bereich, das elektronische Patientendossier und das CO2-Gesetz für die Zeit nach 2024. Diese Themen sind besonders relevant für den Kanton Zürich und schon lange in Beratung im nationalen Parlament.

Erich Vontobel: In den Fraktionssitzungen kamen natürlich alle Themen der Wintersession zur Sprache. Eigene Vorstösse habe ich noch keine vorbereitet. Bis Ende November war ich ja noch voll im Kantonsrat aktiv. Aber ich habe bereits drei Motionen mitunterzeichnet, mit denen Anliegen verfolgt werden, die mir am Herzen liegen: «Ohne Parlament keine Verhandlungen mit der WHO», «Die Schweiz entscheidet bei Pandemien und Epidemien souverän und ohne ausländischen Zwang», «Geschlechtsumwandlung: Anwendung des Vorsorgeprinzips zum Schutz von Kindern und Jugendlichen».

Welche konkreten Ziele verfolgen Sie als Nationalrätin/Nationalrat – auf Parteiebene, aber auch persönlich?

Yvonne Bürgin: Gerne würde ich in den wichtigen Dossiers Altersvorsorge, Inklusion, Europa und bezahlbare Gesundheitskosten etwas bewegen. Das enorme Wachstum des Staatshaushaltes macht mir ebenfalls Sorgen. Ich hoffe, meine langjährige Parlamentserfahrung hilft mir, mich schnell in Bern einzuleben und Nägel mit Köpfen zu machen. Die Mitte wird eine tragende Rolle in der Mehrheitsbildung haben. Diese Chance möchte ich nutzen.

Erich Vontobel: Es sind schwerpunktmässig Themen, dir mir schon immer wichtig waren, zum Beispiel den Schutz des Lebens von der Zeugung bis zum natürlichen Tod, die Sicherung der Meinungsäusserungsfreiheit, keine Eingriffe in die Privatsphäre durch Impfobligatorien und Zertifikate, Energievielfalt statt Energieverbote (neue AKW-Technologien prüfen), zügige Asylverfahren und schnelle Ausschaffung von Abgewiesenen und Wirtschaftsflüchtlingen.

Neu werden nun auch Themen aus der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates (APK-N) dazu kommen. Da freue ich mich sehr, dass ich in dieser Kommission mitwirken darf.

Es ist mir ein Anliegen, ein Volksvertreter zu sein. Ich versuche, das, was die Leute an mich herantragen, nach Bern mitzunehmen.

«Da ich Ende Februar pensioniert wurde, freue ich mich ausserordentlich, jetzt viel Zeit für mein Wirken in Bern zu haben.»
Erich Vontobel, Nationalrat EDU
EDU-Nationalrat Erich Vontobel (links) Bild: zvg

Was war neu für Sie oder was hat Sie ev. auch überrascht?

Yvonne Bürgin: Das Zweikammersystem ist für mich eine neue, interessante Erfahrung. Man merkt schnell, dass Nationalrat und Ständerat verschieden "ticken", aber die Zusammenarbeit ist äusserst wichtig. Ich konnte bei der Budgetberatung und Finanzplanung bereits an einer Einigungskonferenz zwischen National- und Ständerat teilnehmen, wo es darum ging, Differenzen zu bereinigen. Das fand ich enorm spannend. Besonders überrascht hat mich das Tempo bei den Abstimmungen. Als Neuling sass ich also pflichtbewusst auf meinem Platz und verfolgte die Debatten, damit ich dann bereit war bei den Abstimmungen. Ein Sprint aus der Wandelhalle, um in letzter Sekunde die richtigen Knöpfe zu drücken, lag also nicht drin.

Erich Vontobel: Für mich ist alles neu, weil ich mich in den letzten gut 11 1/2 Jahren voll auf das Wirken im Kantonsrat fokussiert hatte. Da ich aber Ende Februar in meinem 80-Prozent-Job pensioniert wurde, freue ich mich ausserordentlich, jetzt viel Zeit (auch tagsüber!) für mein Wirken in Bern zu haben.

Wie finden Sie neben dem sicherlich fordernden Alltag Ruhe und Ausgleich?

Yvonne Bürgin: Ich versuche, mir zwischendurch Zeitfenster zu reservieren für Sport und Freizeit. Beim Wandern oder Skifahren kann ich gut abschalten. Und zusätzlich habe ich Meditations- und Atemübungen entdeckt, welche mir helfen, Ruhe zu finden, vor allem vor dem Einschlafen.

Erich Vontobel: Wenn ich an einem Tag in der Woche so richtig ausschlafen kann, geht es mir schon mal sehr gut. Und wenn ich hin und wieder an einem Samstagabend für meine Familie grillieren kann, erst recht. Wichtig sind mir auch die Gottesdienstbesuche am Sonntagmorgen, weil da meine Gedanken auf Themen gelenkt werden, die nach meinem Dafürhalten Ewigkeitswert haben.

Wo ist Ihr Lieblingsplatz im Zürioberland?

Yvonne Bürgin: Den einen Platz gibt es nicht, aber besonders gut gefällt es mir in unseren schönen Wäldern. Ob Spaziergang oder eine kleine Wanderung, es gibt immer wieder neue Orte zu entdecken und die Schönheit des Zürcher Oberlandes zu geniessen.

Erich Vontobel: Ganz sicher zu Hause, weil wir das Privileg haben, schön zu wohnen. Dann aber auch auf und rund um den Batzberg zwischen Rüti und Wald, einem Gebiet, mit dem ich seit meiner Jungend besonders verbunden bin.

Barbara Tudor