Home Region Sport Magazin Schweiz/Ausland Agenda
Region
27.02.2023

ZAV-Gestaltungsplan: Das sagen die betroffenen Gemeinden

Die Gemeinden Gossau und Grüningen wehren sich dagegen, dass ein intakter Wald mit einer Grösse von 14 Fussballfeldern gerodet wird.
Die Gemeinden Gossau und Grüningen wehren sich dagegen, dass ein intakter Wald mit einer Grösse von 14 Fussballfeldern gerodet wird. Bild: depo-nie.com
Letzte Woche hat die ZAV Recycling AG mitgeteilt, dass sie dem Amt für Raumentwicklung (ARE) den Gestaltungsplan zur Vorprüfung und Weiterbearbeitung der geplanten Deponie Tägernauerholz einreicht (Zürioberland24 berichtete). Die Gemeindepräsidenten von Gossau ZH und Grüningen, Jörg Kündig und Carlo Wiedmer, nehmen auf Anfrage von Zürioberland24 Stellung dazu.

Wie beurteilen Sie das Vorgehen der ZAV?

Kündig/Wiedmer: Als Folge des Bundesgerichts-Entscheides wurde beim Kanton eine «Gesamtschau Deponien» ausgelöst. Daran wird gegenwärtig gearbeitet. Dass jetzt gleichzeitig das Gestaltungsplanverfahren für die Deponie Tägernauerholz vorangetrieben wird, ist absolut störend. Aus Sicht von Gossau und Grüningen müsste zuerst eine Gesamtschau vorliegen, bevor die weiteren Planungsschritte an die Hand genommen werden.

«Die jetzt stattfindende «Gesamtschau Deponien» ist nicht mehr als ein Feigenblatt.»
Jörg Kündig, Gemeindepräsident von Gossau ZH

Leider musste diese Vorgehensweise allerdings so befürchtet werden. Es wurde zusätzlich legitimiert durch die regierungsrätliche Antwort auf das Kommissionspostulat vom 14. März 2022, welches «keinen Schnellschuss bei der Deponie Tägernauerholz» verlangte. Darin schrieb der Regierungsrat: «Um die Entsorgungssicherheit für die Restschlacke zu gewährleisten, möchte der Regierungsrat am Standort Tägernauer Holz festhalten und keine unnötige Verzögerung zulassen.» Und weiter: «Das Gestaltungsplanverfahren zum Tägernauer Holz wird zwei bis drei Jahre in Anspruch nehmen. Sollten sich aus dem Projekt 'Gesamtschau Deponien' neue Informationen ergeben, können diese direkt ins Gestaltungsplanverfahren einfliessen. Eine Festsetzung des Gestaltungsplans ist nicht vor dem Vorliegen der Resultate 'Gesamtschau Deponien' vorgesehen.»

Es ist davon auszugehen – und die Interessengruppen ZAV und Regierung tun es – dass die «Gesamtschau Deponien» den Standort Tägernauer Holz nicht in Frage stellen wird. Ansonsten würden sinnlose planerische Ressourcen verschwendet. Fazit: Die jetzt stattfindende «Gesamtschau Deponien» ist nicht mehr als ein Feigenblatt.

«Jetzt muss es darum gehen, die Rechtsmittel im Rahmen des Gestaltungsplan-Verfahrens maximal auszuschöpfen.»
Carlo Wiedmer, Gemeindepräsident von Grüningen

Welches sind die wesentlichen Nachteile dieses Vorgehens, vor allem für Gossau und Grüningen, welche die Deponie zu verhindern versuchen?

Die Tatsache, dass das Gestaltungsplanverfahren und das Evaluationsverfahren «Gesamtschau Deponie» parallel geschaltet wurden, reduziert nicht nur den erwarteten Zeitgewinn, sondern zeigt auch deutlich, dass durch das Gesamtschau-Verfahren keine relevante Anpassung zu erwarten ist. Allein das macht das Gesamtschau-Verfahren bezüglich Tägernauerholz absurd.

Als zweites muss es jetzt darum gehen, die Rechtsmittel im Rahmen des Gestaltungsplan-Verfahrens maximal auszuschöpfen. Dabei gilt es zu prüfen, in wieweit die Gemeinden als direktbetroffen gelten und damit überhaupt einspracheberechtigt sind. Ein möglicher Anknüpfungspunkt könnten die geplante Rodung, welche durch den Bund bewilligt werden muss, die Zufahrt oder die Nutzung der Abwasserreinigungs-Anlage von Gossau/Grüningen sein.

Welches sind die nächsten Schritte der Gemeinde Grüningen bzw. Gossau in dieser Sache?

Das Richtplanverfahren ist abgeschlossen. Hier bestehen keine Rechtsmittel mehr. Jetzt geht es darum, im Rahmen des Gestaltungsplanverfahrens die Rechtsmittelfristen zu beachten und zu prüfen, wo und in welcher Art und Weise gegen diesen Gestaltungsplan interveniert werden kann.

Die Deponie Wissenbüel in Ottikon ZH kam bisher bei den Deponieplänen nicht zur Sprache, könnte aber womöglich reaktiviert und zumindest vorübergehend genutzt werden, bis eine Lösung auf kantonaler Ebene da ist. Sieht die Gemeinde Gossau diese Deponie als Option?

Jörg Kündig: Wir hätten begrüsst, wenn alternative Ideen mit uns abgesprochen worden wären. Der Richtplaneintrag für Wissenbüel ist unverändert. Tatsächlich ist seitens der ZAV-Recycling vorgesehen, den Standort für Zwischenlösungen nutzbar zu machen.

Die Grundsatzfrage bleibt für die Gemeinde Gossau unverändert nach der Sinnhaftigkeit eines Deponiestandortes auf dem Gemeindegebiet. Das Tägernauerholz als neuer Standort mitten im Wald löst möglicherweise mehr emotionale Reaktionen aus als ein Standort auf einer Wiese, was Wissenbüel nämlich in der Zwischenzeit ist. Für die Gemeinde sind auch die Zu- und Wegfahrten eine nicht akzeptable Belastung. Wissenbüel darf nicht zur Alternative werden.

Das Interview mit Jörg Kündig und Carlo Wiedmer wurde in schriftlicher Form geführt.

Barbara Tudor